Erdin Ciplak – ein bemerkenswerter Mensch …
Mein Name ist Erdin Ciplak. Geboren bin ich am 04.02.1986 in Gelsenkirchen und aufgewachsen in Hamburg. Ich bin von Geburt an fast blind. Aktuell sehe ich derzeit um die maximal zwei Prozent. So genau können es mir die Ärzte auch nicht sagen und ehrlich gesagt interessiert mich das auch gar nicht. Ich habe diverse Erkrankungen wie grüner Star, grauer Star, Linsen wurden herausoperiert und mehrere Hornhauttransplantationen habe ich schon hinter mir. 2005 hatte ich noch eine Netzhautablösung, die mein rechtes Auge getroffen hat. Seit dem sehe ich auf dem rechten Auge weniger als wenig. Eine Orientierung, nur mit dem rechten Auge, ist nicht mehr möglich. Insgesamt hatte ich schon um die 40 – 50 Operationen. So genau habe ich nicht nachgezählt und will es auch gar nicht. Mit meinem linken Auge kann ich Farben und Formen erkennen. Doch muss ich immer ziemlich nah ran, um etwas zu erkennen.
Meine Schullaufbahn habe ich in Hamburg begonnen. Besucht habe ich die Blinden und Sehbehindertenschule am Borgweg. Nach meinem Realschulabschluss ging ich auf die Handels- und Höhere Handelsschule für Blinde und Sehbehinderte, einige Kilometer vom Borgweg entfernt. Nach meinem Fachabi besuchte bzw. besuche ich immer noch die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) und studiere dort Soziale Arbeit.
In meiner Freizeit bin ich noch Vorstand- und Gründungsmitglied beim Europäisch-Türkischen Behindertenverein e. V., der im Jahre 2008 gegründet wurde. Die Arbeit dort macht mir sehr viel Spaß. Hier geht es um die Integration von türkischen Menschen mit einer Behinderung. Zudem arbeite ich seit 2008 im Dialog im Dunkeln Hamburg. Hier können sehende Menschen in vollkommen lichtlosen Räumen, nur mit einem „Blindenstock“ in der Hand, sich durch die Ausstellung bewegen. Ich bin dort Guide, also mache dort Führungen. Ich bin aber auch in anderen Bereichen tätig. Dezember 2013 war ich beispielsweise als Master Guide in Istanbul. Dort gibt es auch einen Dialog im Dunkeln „Karanlikda Diyalog“ und ich war mit verantwortlich, um die Ausbildung der Guides vor Ort durchzuführen.
Sehr interessiert bin ich an der Kampfkunst. Ich habe acht Jahre Judo gemacht und musste leider damit aufhören, durch meine Netzhautablösung. Diese Zeit war für mich sehr schwierig, da ich die Kampfkunst liebe. Doch wo eine Tür sich schließt, da öffnet sich eine andere und ich habe mit Taekwon-Do angefangen. Kampfkunst ist etwas Befreiendes für mich. Mir geht es nicht darum gleich gegen andere zu kämpfen. Den größten Kampf hat der Mensch mit sich selber zu kämpfen. Ich will mich selber besiegen in dem ich meine Grenzen kennenlerne und diese erweitere. Hierzu gehört sehr viel Disziplin, was ich gleich auf meine anderen Lebensbereiche übertragen kann, um dort auch weiter zu kommen und meine Grenzen zu erweitern.
Zu meiner eigenen Sehbehinderung kann ich nur soviel sagen. Ich habe keine Behinderung. Behindert werde ich wenn dann von der Gesellschaft, wobei dies keine pauschale Aussage sein soll. Jeder Mensch ist individuell. Der eine kann nicht sehen, der andere nicht laufen und wiederum der andere hat psychische Probleme. Jeder muss einfach das akzeptieren, woran er/sie ist und sein/ihr Leben genießen. Klar mag dies vielleicht nicht einfach sein, aber ich stehe mit beiden Beinen fest im Leben und wenn ich auch nicht alles sehe, glaube ich, dass ich auch nicht alles sehen will. (Quelle: https://www.blindlife.de/%C3%BCber-mich/)
Mehr zu seinem Engagement findet man auf seiner Projektseite: www.blindlife.de